Hier findet Ihr verschiedene Texte zur Diskussion über die Wahlaltergrenze. Da die uns unterstützenden Organisationen dazu verschiedene Ansichten vertreten, kommen hier auch verschiedene Standpunkte zu Wort.
Auch an Euren Anregungen bzw. Eurer Kritik sind wir interessiert.
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Seit über fünf Jahren fordern wir KinderRÄchTsZÄnker (K.R.Ä.T.Z.Ä.) das Wahlrecht für Kinder, weil wir erkannt haben, daß die von uns für wichtig gehaltenen Veränderungen in den Bereichen Schule und Familie nur dann eine echte Chance haben, wenn Kinder und Jugendliche nicht länger aus der Demokratie ausgeschlossen werden. Alle Menschen, die von Entscheidungen betroffen sind, müssen das Recht haben, sich am Zustandekommen dieser Entscheidungen zu beteiligen. Warum man Kinder und Jugendliche von diesem demokratischen Grundsatz prinzipiell ausnehmen sollte, ist für uns nicht erkennbar.
Daß es ungerecht ist, erst ab 18 wählen zu dürfen, war allen von uns von Anfang an klar - schließlich war damals keiner von uns älter als 15. Welches aber die Alternative zum Wahlalter 18 sein sollte, war uns nicht sofort klar. Leicht neigt man dazu, das eigene Alter als Grenze vorzuschlagen, weil man sich nicht vorstellen kann (möchte), daß auch Leute, die noch jünger sind, wählen könnten. Aber Ideen wie Wahlalter 12 oder 10, mit denen sich einige angefreundet hatten, ließen sich letztlich nicht begründen.
Es war einfach klar geworden, daß es keine gerechte Altersgrenze geben kann. Angenommen, man beschließt das Wahlrecht ab 12. Wie begründet man dann einem 11jährigen, daß er nicht mitwählen darf? Wie kommt man überhaupt auf die Idee, daß es möglich wäre, ein Alter festzulegen, ab dem Menschen "fähig" sind zu wählen? Es ist offensichtlich, daß diese von vielen vermutete Fähigkeit nicht aus heiterem Himmel am jeweiligen Geburtstag einsetzt.
Anders als der Großteil der Bevölkerung kommen wir aber nicht zu dem Schluß, daß es doch irgend eine Altersgrenze geben müsse, und daß man halt "warten" müsse, bis man "alt genug" ist. Das Wahlrecht ist die Grundlage jeder Demokratie. Es ist zu wichtig, als daß man solche Ungerechtigkeiten wie eine Altersgrenze hinnehmen könnte.
Wenn es beim Wählen tatsächlich um Reife oder Urteilsfähigkeit ginge, hätte man keine Altersgrenze eingeführt. Ein Wahlfähigkeits-Test wäre dann sinnvoller gewesen. Aber wie hätte man festlegen sollen, worin die Wahlfähigkeit besteht? Hätte man überprüfen sollen, ob die Leute alle Wahlprogramme gelesen haben? Dann hätte fast niemand wählen dürfen, wahrscheinlich auch kaum ein Spitzenpolitiker. Hätten die Wahlrechts-Anwärter den Parteien die einzelnen Forderungen zuordnen müssen? Fast jeder käme da durcheinander. Hätte man die Leute erklären lassen sollen, was Erst- und Zweitstimme sind? Die Mehrheit der Erwachsenen wäre durchgefallen. Jeder Wahlfähigkeits-Test, woraus auch immer er bestünde, wäre ein Mittel der Auslese. Jemand denkt zu grundsätzlich? Der ist doch gar nicht reif! Jemand wählt die APPD? Der meint das doch gar nicht ernst! In den USA z.B. wurden Wahlfähigkeits-Tests in den 60er Jahre benutzt, um die Schwarze Bevölkerung möglichst umfassend von der Mitbestimmung auszuschließen. Dem Anspruch einer parlamentarischen Demokratie, nämlich die Interessen der Bevölkerung so genau wie möglich im Parlament widerzuspiegeln, können solche Tests nie gerecht werden. Wahlfähigkeits-Tests und Demokratie lassen sich nicht vereinbaren.
Denn: Beim Wählen geht es nicht um Reife. Im Prinzip ist Wählen etwas ganz Primitives. Man kann sich - selbst nach ausführlicher Diskussion - nicht einigen, also wird einfach das gemacht, womit die Mehrheit zufrieden ist. Daß keiner alle relevanten Fakten oder Argumente kennt, wird dabei ganz bewußt in Kauf genommen.
Um Qualität und Argumente und damit auch um Reife und Fähigkeiten geht es nur in Diskussionen. Wenn diese Diskussionen aber irgendwann nicht mehr weiterführen, weil man sich einfach nicht einig wird, dann wird einfach abgestimmt. Am Ende werden einfach alle Stimmen gezählt, und wer die Mehrheit hat, hat gewonnen. Niemand muß begründen, warum er wie gewählt hat. Es ist in jedem Fall eine persönliche Entscheidung. Es gibt keine Instanz, die über die Qualität der Argumente entscheiden könnte, außer dem jeweils einzelnen Menschen. Es gilt einfach: Ein Mensch - eine Stimme.
Mangelnde Reife kann also kein Grund sein, Kinder und Jugendliche von der Wahl auszuschließen.
Auch die Beeinflußbarkeit von Kindern kann kein Argument sein, auf die Abschaffung der Altersgrenze zu verzichten. Denn, daß sich Menschen beeinflussen, ist etwas ganz Normales. Alle Menschen, die mit einander zu tun haben, beeinflussen sich. Eltern beeinflussen Großeltern, Kinder beeinflussen ihre Eltern, Kinder beeinflussen andere Kinder, werden dabei selber beeinflußt, usw. Beeinflussung findet bei jeder Kommunikation statt und ist also gar nichts Schlimmes. Würden Menschen sich nicht beeinflussen lassen, bräuchte man auch nur einmal im Leben Wählen zu gehen. Der ganze Wahlkampf wäre umsonst und Werbung sowieso. Niemand würde je mehr seine Meinung ändern.
Ob jemand letztendlich überzeugt oder nur überredet wurde, läßt sich weder bei Kindern noch bei Erwachsenen feststellen.
Jedenfalls ist es immer noch besser, wenn Kinder von sich aus das gleiche wie ihre Eltern wählen, als wenn die Eltern für jedes Kind noch eine Stimme dazukriegen.
Im Übrigen führt die erhöhte Beeinflußbarkeit von Altenheimbewohnern auch nicht zu einer Aberkennung des Wahlrechts.
Keine Altersgrenze, auch nicht Wahlalter 7. Und die Babies? Es geht um das Recht zu wählen, nicht um die Pflicht. Wir können uns das so vorstellen, daß jeder Mensch, wenn er das erste Mal wählen will, dies einfach formlos dem Wahlamt mitteilt. Und ab dann ist er dabei wie jeder andere auch. Ob 8, 18 oder 80 spielt dann keine Rolle.
Und übrigens: Es heißt nicht "Kinder an die Macht!" und auch nicht "Erwachsene an die Wand!", sondern Gleichberechtigung aller Menschen unabhängig vom Alter.
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