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ICH WILL WÄHLEN
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www.ich-will-waehlen.de
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Berlin, 5. September 2002
Pressemitteilung
Unter 18 und
nichts zu sagen?
Mehr als 1000 Unter18jährige fordern ihr Wahlrecht
und überreichen Petition an den Bundestag
Das Jugendbündnis ICH WILL WÄHLEN hat am Donnerstag der Öffentlichkeit
die Kampagne zum Wahlrecht für Unter18jährige vorgestellt. Bisher haben
mehr als 1000 Unter18jährige eine Petition unterschrieben, in der sie die Bundestagsabgeordneten
auffordern, auch ihnen das Wählen zu ermöglichen. Die
Sammelpetition wird noch vor der Bundestagswahl an Bundestagspräsident
Wolfgang Thierse überreicht. Dem Kampagnen-Bündnis gehören u.a. die Berliner
Kinderrechtsgruppe K.R.Ä.T.Z.Ä., die BundesschülerInnenvertretung, mehrere
Landesschülervertretungen, die Deutsche Jugendpresse und einige parteinahe
Jugendorganisationen an.
„Deine Stimme zählt – nur wenn Du eine hast”. Unter diesem Motto verfassten am 10.
März 2002 jugendliche Vertreter aus Kinder- und Jugendparlamenten, Schülervertretungen
und Jugendorganisationen eine Petition an den Bundestag, die seitdem mehr als
1000 Unter18jährige unterschrieben haben. ”Ich bin unter 18 – und ich will wählen”,
erklären die Unterschreiber darin und fordern, bereits jetzt an der Bundestagswahl teilnehmen
zu dürfen. Sie begründen dies damit, dass sie – wie jeder Mensch, der in diesem
Land lebt – von politischen Entscheidungen betroffen sind, ohne direkten Einfluss
auf sie zu haben. Politik werde hauptsächlich für die gemacht, die wählen dürfen, heißt
es im Petitionstext.
Unterstützt wird die Kampagne u.a. von der BundesschülerInnenvertretung, der Deutschen
Jugendpresse e.V. und der Berliner Kinderrechtsgruppe K.R.Ä.T.Z.Ä.; aber auch
von den Jusos, der Grünen Jugend, dem PDS-nahen Verband [solid’] und den Jungen
Liberalen sind Kreis-, Landes- und teilweise Bundesverbände dabei. Etwa 500 Über18jährige,
darunter zahlreiche Prominente wie der Sprecher der National Coalition
zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention Mike Corsa, die Vorsitzende von Bündnis
90/Grüne Claudia Roth und auch die ehemalige Juso-Vorsitzende und SPDBundestagsabgeordnete
Andrea Nahles haben für die Petition unterschrieben.
Durch das Wahlrecht, so die Hoffnung, würden Kinder und Jugendliche als potentielle
Wähler ernst genommen. „Bei einer Senkung des Wahlalters”, so der Leiter der Shell-
Jugendstudie 2002 und Unterstützer der Kampagne Prof. Klaus Hurrelmann, „würden
Politiker Jugendliche gezielt ansprechen. Sie müssten sich um ihre Themen bemühen,
um ihre Sprache und ihren Lebensstil, um ihre Wahrnehmung von der Welt.” Auch die Sprecherin der BundesschülerInnenvertretung (BSV) Stephanie Daniel äußerte
sich ähnlich: „Demokratie muss gelebt und gelehrt werden und das nicht erst ab dem
sechzehnten bzw. achtzehnten Lebensjahr, sondern von Grund auf in Familien und
Lerneinrichtungen.”
Wer die Petition ICH WILL WÄHLEN unterschreibt, fordert damit keine bestimmte Altersgrenze,
sondern sein persönliches Recht, an Wahlen und Abstimmungen – höchstpersönlich
und ohne Stellvertretung durch Eltern – teilnehmen zu können. Dafür soll
der Bundestag die rechtlichen Voraussetzungen schaffen. „Der Bundestag muss eine
Änderung des Wahlrechts beschließen, um allen jugendlichen Petenten gerecht zu werden.
Geeignet wäre die Feststellung, dass niemand auf Grund seines Alters am Wählen
gehindert werden darf”, sagte Beatrice Schütt (16) von der Kampagne ICH WILL
WÄHLEN.
Praktisch liefe das auf eine Änderung des Grundgesetzartikels 38 (2) hinaus, in dem die
Wahlaltersgrenze festgelegt wird. „Gegen eine Senkung auf 16 Jahre spricht, dass bisher
mehr 15- als 17jährige die Petition unterschrieben haben”, so Martin Wilke von
K.R.Ä.T.Z.Ä. Insgesamt sind ca. 55% der unter18jährigen Unterzeichner jünger als 16
Jahre. Jeder sechste sogar unter 14.
Die bis jetzt unter den Erwartungen gebliebene Anzahl der Unterschriften erklären sich
die Initiatoren unter anderem damit, dass das Wahlrecht kein populäres Thema sei.
Viele hätten bisher noch kaum darüber nachgedacht, warum sie wählen gehen sollten.
Unzufriedenheit und Kritik an Parteipolitik habe für viele Unter18jährige auch zur Folge,
gar nicht wählen zu wollen. Zum anderen sei mit der Beschränkung auf Unter18jährige
die Gruppe der möglichen Unterschreiber deutlich kleiner als bei Petitionen, die sich an
alle Altersgruppen gleichermaßen wenden.
Da sich Aktivisten in über 100 Orten beteiligt haben, gehen die Organisatoren davon
aus, dass noch etliche Unterschriftenlisten bundesweit im Umlauf sind. Ziel der Kampagne
sei es auch gewesen, ein Problembewusstsein für die bestehende Altersgrenze
zu schaffen, und das sei auf jeden Fall erreicht worden.
Mit einem Beschluß des Deutschen Bundestages sei Anfang nächsten Jahres zu rechnen.
Bis dahin kann die Petition auch im Internet unter www.ich-will-waehlen.de noch
unterschrieben werden. Mit Hilfe der Unterstützung einiger Abgeordneter will das
Bündnis dafür sorgen, dass die Petition im Bundestag ernst genommen wird.
Bereits seit 1995 wehren sich Vertreter der Berliner Kinderrechtsgruppe K.R.Ä.T.Z.Ä.
gegen die Altersgrenze beim Wahlrecht. Nachdem ihre erste Verfassungsbeschwerde
aus formalen Gründen vom Bundesverfassungsgericht nicht angenommen worden war,
hatten sie die Gültigkeit der Bundestagswahl 1998 angefochten. Daraufhin hatte das
Bundesverfassungsgericht 2000 geurteilt, die Altersgrenze sei „historisch erhärtet” und
notwendig. Mit diesem „Es-war-schon-immer-so!”-Argument gaben sich die Jugendlichen
nicht zufrieden und versuchen nun, ihrem Ziel auf dem parlamentarischen Weg
näher zu kommen.
Weitere Informationen zur Kampagne ICH-WILL-WÄHLEN
sind zu finden unter:
www.ich-will-waehlen.de
oder rufen Sie uns an: 030/4479722
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Die Wahlrechtskampagne "Ich will wählen" wird gefördert vom Deutschen Kinderhilfswerk. Wir danken auch dem Bundesministerium für Jugend für eine finanzielle Unterstützung.
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